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10. März 2023

«Ubiquité» ist ein französischer Begriff, der die Fähigkeit bezeichnet, an mehreren Orten gleichzeitig zu sein; eine allumfassende Anwesenheit, ein Nichtgebundensein an einen Standort. Die Künstlerin Nasrin Amiri Ramsheh und der Künstler Murat Mevlana Temel sind beide geprägt von persönlichen Erfahrungen mit Migration. Sie teilen dieses Gefühl, an zwei Orten gleichzeitig sein zu wollen, wobei sich die Entfremdung und das Gefühl «anders» zu sein beiderorts einstellen können.


Die in Silber getauchte Passage an der Marktgasse wird zu einem solchen Erfahrungsraum. Die beinahe nostalgisch anmutende Science-Fiction-Ästhetik transportiert die Fantasie eines «Anderswo», das nur in unseren Köpfen existiert und nicht in der physischen Realität, der Welt. Die Bauwand wird zu einem Klangkörper, aktiviert durch flexible Aluminiumrohre, wie wir sie von Baustellen kennen, die wie Schlaufen durch die Bauwand ein- und austreten. Geräusche, Klänge, Geflüster laden den Raum atmosphärisch auf. Menschen, die den Raum durchschreiten, werden das Werk durch ihre eigene Bewegung jeweils individuell neu erfahren können.
 
Die Soundfragmente entspringen persischen, türkischen und französischen Gedichten. Jedoch können sie nicht im Wortlaut erfasst werden. Durch die Weiterverarbeitung und durch die metallische Textur der verwendeten Materialien erklingen sie verfremdet und zeichnen den Übergang vom Verstehen zum Nichtverstehen nach.

Die Künstlerin und der Künstler werden zu verschiedenen Zeiten unangekündigt in der Passage auftauchen und wieder verschwinden und in Form einer Performance den Passantinnen und Passanten durch ein Rohr eine Geschichte erzählen.
 
In grosse, fliessende, silbrige Mäntel gekleidet bleiben sie anonym und wesenhaft in ihrer Erscheinung und werden als fantasievolle living sculpture Teil der Installation.

 
 

Künstlerinnen und Künstler/Studiengruppe
 

Nasrin Amiri Ramsheh (Künstlerin)
Nasrin Amiri Ramshehs Kunst ist eine Synthese aus verschiedenen Medien wie Video, Installation und Skulptur. Doch die Malerei hat immer die Hauptrolle gespielt. Selbst nach ihrer Auswanderung sind ihre Ästhetik und Gedanken eng mit ihrer iranischen Herkunft verknüpft: Menschen und die sehr anderen Lebensumstände im Iran prägen ihr Schaffen. Entsprechend kann Amiri Ramshehs Kunst als eine Darstellung ihrer Erfahrung beschrieben werden, im Iran geboren und aufgewachsen zu sein.

 

Murat Mevlana Temel (Künstler, Autor und Astrologe)

Als türkischstämmiger Anatolier und französischstämmiger Helvetier nimmt der Akt des Schreibens in diesen beiden Sprachen sowie die Anekdote (als exklusive, geheime oder banale Information) einen wichtigen Platz in Murat Mevlana Temels künstlerischer Arbeit ein. In protokollarischen Prozessen, die der Öffentlichkeit Raum geben, werden Geschichten, Dialoge oder Erzählungen initiiert. Die Lektüre entsteht, wenn eine Situation Gestalt annimmt, wenn eine imaginäre Brücke zwischen dem Publikum und dem Künstler entsteht, und auf dieser Brücke befinden sich der Text, das Protokoll und die künstlerische Aktion. Die Aktionen sind als Umstände gedacht, in denen die Texte unter bestimmten Bedingungen gelesen werden: Astrologie, Numerologie, Spiel. Die Erzählungen liegen jedoch in Buchform vor. Dieses Hin und Her zwischen veröffentlichtem Objekt und mündlichem oder theatralischem Wort ist ein zentrales Thema in seinem künstlerischen Schaffen.
 
 

Ubiquité, 2023

Soundinstallation und Performance
6 Soundspuren im Loop abgespielt auf Lautsprecher in Aluminiumrohren
Silbriger Wandanstrich auf 135m2.

Mit freundlicher Unterstützung von Neuenschwander AG, Malermeister
Technischer Support: Simon Lanz
08. März – 13. April

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